Locarno ist nach Locarno

Erst wenn der Alltag wieder beginnt, wenn die Tage wieder von morgens bis abends durchgeplant sind, erst dann schätze ich die vergangenen Festivaltage. Was heisst es ein Festival zu besuchen? Wie wählt man heute noch Filme aus? Welchen Stoffen will man sich aussetzen? Diesen Fragen möchte ich mich in diesem Beitrag widmen.

Geschmack ist immer persönlich

Es ist nicht immer einfach seinen Filmgeschmack in Worte zu fassen. Man kann das Kino als Ort der Bilder und Töne zu schätzen wissen und ohne grosse Ansprüche sich diesem Medium hingeben oder man nimmt eine kritische Haltung dem gegenüber und sagt: Nein, ich wähle bewusst aus, was ich sehen will.

Wie in jedem Medium gibt es auch im Kino mehr oder weniger aktuelle Themen. Die ganzen emanzipatorischen Bewegungen der Frauen, der People of Colour, in kleinerem Masse der LGBTIQ+ waren in Locarno vertreten, aber auch viele andere Aspekte des menschlichen Daseins auf Erden.

Natürlich ist es nicht immer leicht das zu sehen, was man will. Es gibt gezwungenermassen Enttäuschungen in einem Festivalbesuch und damit muss gerechnet werden. Vor der Masse an Filmen, die angeboten werden ist es schwierig nicht gleich in Panik auszubrechen. Eine Art sich diesem Trubel zu stellen ist sich nicht zu viele Gedanken zu machen: Pflücke den Tag, wie es doch so schön heisst (Carpe Diem). Das heisst, sich der strengen Zeitplanung hingeben, sowie sie in einem Festival halt ist. “Schaffe ich es noch in diesen Film? Wovon handelt er?” das sind wohl die ersten Fragen, die geklärt werden müssen bevor man sich in der Hitze zu einem Kino begibt. Da ist kaum Zeit für “Wer hat ihn gemacht?”

Wer die Filme macht wird bestenfalls an einem Festival dann beantwortet, wenn die Filmautoren (meist die Regie oder die Produzenten) vor Ort sind und ein paar Worte zum gezeigten Film sagen. Der Inhalt ist ja dann die Entdeckung und das worauf es während eines Filmbesuchs ankommt.

Wie auswählen?

Somit ist es bei jedem Filmbesuch eigentlich von Bedeutung, was an einem Film interessiert. Wie zuvor erwähnt, sind die Themen ein wichtiges Kriterium bei der Filmauswahl. Zum Zeitpunkt in dem man sich einem Kurzfilmblock oder einem Langfilm begibt, ist jedoch oft noch vieles unklar. Erst durch die Sichtung des Films und die emotionale “mise en phase” mit dem Gezeigten kann langsam ein Urteil gefällt werden: Ist der Film gut? Trifft er einen Nerv? Hat er technisch was aussergewöhnliches etc.?

Aus meiner Warte ist die Fülle dessen was machbar ist eigentlich am Besten an den Kurzfilmblöcken zu sehen. Erstens kommen sie meist aus den Filmschulen und zeigen, was dort die Studenten antreibt, was sie gerade beschäftigt. Jetzt wo die Hitze ein wenig abgeflaut ist kann ich mich vor allem an die HEAD erinnern. Da scheint es kreativ gerade zu fetzen. «Fairplay» und «Les Dieux du supermarché» haben mir beide sehr gefallen. Und dabei scheint immer auch Delphine Jeanneret eine Rolle gespielt zu haben, jedenfalls ist sie im Abspann verschiedener Filme erwähnt. Für mich war es auch sehr interessant zu sehen, was im Rahmen von “Open Doors” gezeigt wurde.

Der Fokus dieser Sektion richtet sich für die nächsten drei Jahre auf Lateinamerika und die Karibik und da war auch Delphine zugegen als die Kurzfilme gezeigt wurden. Natürlich ist es an solchen Veranstaltungen immer schön zu sehen, wie viel Leute da sind. Der Saal hat eine bestimmte Energie, wenn so viele zusammenkommen. Das spürt man in der Sektion “Open Doors” wie auch bei den “Pardi di Domani”, es brodelt im Publikum, es wird was verhandelt zwischen den Zuschauern und dem Gezeigten. Die Bilder und die Töne haben einen Einfluss auf die Reaktionen. Oft sind es natürlich nicht nur positive Reaktionen. Die Leute versuchen in Dialog zu treten mit den Filmautoren, die was aus ihrer Heimat mitgebracht haben und auf einen bestimmten Missstand hinweisen (“Open Doors”) oder gewisse Aspekte ihrer Gesellschaft kritisch unter die Lupe nehmen – Gier/Kapitalismus in «Fairplay» (“Pardi di domani”).

Das diesjährige Festival war für mich während der Kurzfilmnachmittage (Pardi di domani) am Interessantesten. Ich habe diese Momente auch meist versucht einzufangen. Falls ihr nochmals das Gesicht/die Stimme einer Filmemacherin, eines Filmemachers sehen/hören wollt, hier gehts zur Insta-Story.

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