A – Diese Serie lässt mich nicht ganz kalt. Ob und inwiefern «Die Kaiserin» der tatsächlichen Braut von Franz Joseph, Habsburger-Kaiser über Österreich-Ungarn, gleicht, sei dahingestellt. Die Wucht, mit der die jungen Schauspieler und die Hauptdarstellerin Hanna Hilsdorf ihre historischen Figuren verkörpern ist mitreissend und der königlich-kaiserliche Zauber hat viel mit den prächtigen Kostümen, Parkanlagen und Innenschauplätzen zu tun. Natürlich ist auch das Drehbuch wie ein immer enger werdendes Korsett geschnürt, so dass zum Staffelfinale (nach acht Folgen) der Zuschauer nur noch mehr davon sehen möchte.

Was im idyllischen Bayern des Beginns zu sehen ist, sind die ersten Schritte einer jungen Dame, die nicht ernst genommen wird und im Schatten ihrer artigen Schwester Helene ein wildes Verhalten an den Tag legt. Gerne geht sie barfuss in den Garten und liebt ihr Pferd über alles. Als dieses verletzt wird, muss der frivole Papa das Tier erschiessen. In Wien regiert der junge Kaiser (Philip Froissant) unter dem Einfluss seiner Mutter, der Erzherzogin Sophie. Bald sind die öffentlichen Hinrichtungen, die dem Kaiser unangenehm sind, nicht mehr genug um das Volk zu zügeln und der Palast wird am Schluss der ersten Staffel von Tausenden belagert.
Natürlich ist nichts dem Zufall überlassen. Die Dramaturgen und die Netflix-Maschinerie haben gute Arbeitet geleistet, denn die Spannungskurve stimmt. Von Anfang an sind die edlen Stoffe der Kostüme ein wahrer Augenschmaus und versprechen ein grosses Spektakel. Das erste Debakel geschieht als sich die Familien zur Verlobung auf einem Schloss treffen. Da die Koffer mit den schönen Kleidern nicht angekommen sind, müssen die Trauerkleider (ein Onkel ist gestorben) genügen, doch Helene hat keine Chance. Ihre jüngere Schwester, die frühmorgens im Park war als Franz Joseph einen Ausritt genoss, hat ihren Trumpf schon ausgespielt.
Die Musik trägt einen Teil zum Erfolg bei. Choral und energisch zieht sie den Zuschauer mit einem typischen Serie-Vorspann – kaleidoskopische Aufnahmen mit unscharfen Rändern – in seinen Bann. Ein wenig erinnert diese deutsche Produktion an «The Crown». Leider ist sie zu “hochdeutsch” und respektiert die Akzente der unterschiedlichen Regionen, aus denen die historischen Figuren stammen, nicht. Zumindest Elisabeths Papa könnte ein bayerisch gefärbtes Deutsch sprechen und auch am Hof ist keine Spur von Wienerisch zu hören, ausser beim Prinzen Maximilian, dessen Darsteller, Johannes Nussbaum, aus Österreich stammt.

B – «Corsage» von Marie Kreutzer mit Vicky Krieps in der Hauptrolle ist weniger publikumswirksam. Eine Arthouse-Koproduktion, die auf der Berlinale lief und in Österreich, Luxemburg und Frankreich gedreht wurde. Darin wird Elisabeth kaum Sissi genannt. Die Musik von Camille stellt sich quer zum historischen Stoff und kontrastiert mit den Frisuren und Kostümen, die hier anders als bei A schlichter und weniger nach «Bridgerton»-Extravaganz aussehen.
C – Während die von Hanna Hilsdorf gespielte Sissi darauf besteht von ihrer ungerechten Mutter Elisabeth genannt zu werden, glänzt Romy Schneider als Sissi im gleichnamigen Film in den 1950er-Jahren und pflegt die Illusion einer herzlichen Kaiserin, die eher einer guten Fee ähnelt als der geplagten Kaiserin, die in den heutigen Produktionen (A und B) inszeniert wurde.

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